Liebe Partei, du machst mich fertig

Veröffentlicht: 13. Mai 2013 in Basisdemokratie, BEO, Piraten

Ernsthaft Leute, ich bin zu alt für so viel Drama.

Spätestens an dem Zeitpunkt, als der Bundesvorstand verkündet hat die SMV-Debatte auf die Tagesordnung des Bundesparteitags zu bringen, war eigentlich schon klar: Dieses mal geht’s los. Nachdem der Parteitag mehrere mal in weiser Voraussicht auf eine SMV-Debatte verzichtet hatte, war das Interesse dieses mal wohl ausreichend vorhanden. Ich hatte nicht gerade Vorfreude darauf, aber was dann tatsächlich daraus geworden ist, war… krass. Und ich habe ehrlichgesagt den Eindruck es war noch krasser, als die meisten von euch bisher realisiert zu haben scheinen.

Bevor ich darauf genauer eingehe aber noch ein paar Worte zu dem Teil, der leider absehbar war. 2 Stunden waren für diese Debatte auf der Tagesordnung angesetzt. Grob über den Daumen gepeilt verbraucht hat die ganze Geschichte mehr als einen kompletten Tag. Dabei war es nach Ablehnung des Vertagungsantrags X016 völlig absehbar, dass diese Debatte auf jeden Fall zuende gebracht werden würde. Der Parteitag wollte es so, also ist es halt auch so. Diese behämmerte GO-Trollerei ist komplett zu Lasten unseres Wahlprogramms gegangen und darum fordere ich euch alle auf jeden einzelnen, der sich an dieser Sabotage beteiligt hat, aus der Partei auszugrenzen wo es nur geht. Blocken, blacklisten, ignorieren, was auch immer hilft. Das ist hier keine Frage davon, ob man irgendwelche Meinungen dieser Leute teilt, oder das selbe Ziel verfolgt, die selben Leute nicht mag oder sonstwas. Derartige Evolutionsbremsen dürfen in dieser Partei keinen Raum finden und keine Akzeptanz, denn sie verhalten sich absichtlich enorm parteischädigend. Die zuständigen Landesvorstände dürfen das auch gerne auf formelle Art in Gang setzen, wenn sie dafür irgendwie Chancen auf Erfolg sehen.

Aber genug von diesen Honks. Die Debatte wurde bis zum Ende durchgezogen und Entscheidungen wurden gefällt. Und guter, alter Parteitagstradition stellt sich jetzt, am Tag danach, die Frage, was wir eigentlich getan haben, was nicht und was das jetzt bedeutet. Ärgert euch nicht, falls euch das noch nicht so ganz klar ist: It’s complicated…

Der Presse kann man zur Zeit entnehmen, dass die SMV wohl abgesagt wurde. Doch nix mit Internetpartei. Die ersten Interpretationen und Abgesänge sind auch schon dabei. Schuldzuweisungen gingen gestern schon rum. Nur leider (oder zum Glück!?) trifft dieses Bild die Sache nicht so ganz.

Der Grund, warum der Wunsch nach dieser Debatte so groß war und warum sie nun eisern durchgezogen wurde, heißt nicht unbedingt SMV, sondern Bundesparteitag. Nach einigen Jahren Erfahrung wissen wir, dass dieses Beschlussorgan so seine Schwächen hat. Einige sehen diese dramatisch, andere weniger schlimm. Manches wird aufgebauscht und unsachlich emotionalisiert, manches stellt wirklich unschöne strukturelle Probleme dar. Die einzige etablierte Alternative dazu ist in der deutschen Parteienlandschaft das klassische Delegiertensystem. Leider hat ein solches System noch fatalare Schwächen und kaum jemand denkt ernsthaft daran sowas bei uns einzuführen. Darum ist der Wunsch entstanden in Zukunft auf andere Weise, unabhängig von Bundesparteitagen, Beschlüsse fassen zu können. Inzwischen hat sich das zur sogenannten „SMV-Debatte“ ausgewachsen.

In den letzten Monaten wurde dieser Debatte ein neuer Spin hinzugefügt, der nun offenbar den Durchbruch bringen sollte. Es wurde die Frage gestellt, ob wir so einen zweiten Beschlussweg überhaupt wollen als Partei. Die Ausgestaltung des wie sollte erst nach dieser Grundsatzentscheidung erfolgen. Dementsprechend hartnäckig wurden Fragen zu konkreten Ausgestaltungen dann auch abgeblockt. Seltsamerweise gab es im entsprechenden Abstimmungsblock aber 7 konkurrierende Anträge, die alle in die Satzung aufnehmen wollten, ob wir eine SMV wollen und sie alle unterscheiden sich aber darin, wie diese SMV aussehen soll. Der Name hätte eigentlich bereits stutzig machen müssen. „Ständige Mitgliederversammlung“ enthält bereits im Namen 2 Ausprägungen für Fragen des wie, nämlich dass die Beschlüsse ständig gefasst werden, statt z.B. gebündelt, und dass es sich rechtlich um eine Mitgliederversammlung handeln soll. Die Anträge beantworten natürlich alle bereits Fragen des wie und verankern die Entscheidungen in der Satzung. Damit sind diese Entscheidungen, wie z.B. ob Liquid Democracy oder nicht, der eigentlichen Debatte um das wie bereits defakto entzogen. Die Antragssteller haben hier bereits eine Art Rosinenpicken betrieben, mit ihnen besonders wichtigen wie-Entscheidungen. Trotzdem wurden die Anträge als ob-Entscheidungen verkauft, obwohl eigentlich nur die ganzen wie-Entscheidungen herausgenommen wurden, mit denen man sich eh nur unbeliebt macht und Zustimmung vergrault. Das ist wahrscheinlich z.B. bei der Hardcore-SMV aus Block 2 passiert. Nachdem Block 2 und 3a abgelehnt waren, rächte sich diese Etikettierung der SMV-Anträge als die ob-Entscheidungen der ganzen Debatte, ebenso wie die Betitelung des ganzen als „SMV-Debatte“. Für viele, die das unhinterfragt so geschluckt hatten, war die Debatte um Beteiligung außerhalb des Parteitages damit gelaufen, zumindest online, auch für nahezu die komplette Presse.

Die Tagesordnung des Parteitags spricht korrekterweise vom TO-Punkt „Anträge zur Beteiligung außerhalb von Bundesparteitagen“ und hat hier noch einen Block 3b und einen Block 4 mit weiteren Beschlusswegen. An allen Ansätzen, über die in den Monaten vorher gestritten wurde, vorbei, abseits von der „SMV-Debatte“ und SMVCon und losgelöst von ob-Entscheidungen mit wie-Anteil und Konsensanträgen, die kein Konsens sind, nahm die Versammlung völlig überraschend den Antrag SÄA003 aus Block 4 an, den kaum jemand wirklich auf der Rechnung hatte. Statt die Details erst auf dem nächsten Parteitag zu Regeln, wurde sogar gleich Nägel mit Köpfen gemacht und die Entscheidungsordnung in X011 gleich mit angenommen. Da war das Erstaunen groß und einige Leute schauten sich zum ersten mal überhaupt genauer an, was wir denn damit nun beschlossen haben. Und siehe da: Wir können nun verbindliche Beschlüsse und Urabstimmungen außerhalb von Parteitagen machen. Diese sind pseudonym und direktdemokratisch, die Abstimmungen finden gebündelt bis zu festgesetzten Stichtagen statt und die Teilnahme kann elektronisch, per Urne, oder falls das beides nicht (zumutbar) geht auch per Brief stattfinden. Damit dürfte wohl eindeutig geklärt sein, dass wir Beschlüsse außerhalb des Parteitags sehr wohl eingeführt haben und dass an diesen sehr wohl auch über das Internet teilgenommen werden kann. Meldungen, wir hätten Online-Beteiligung unserer Mitglieder abgelehnt, sind also schlicht falsch, komplette Enten. Die Interpretationen und Abgesänge, die zur Zeit die Runde machen, gehen von völlig falschen Annahmen aus. Das ob wurde mit ja beantwortet und zum wie wurde gleich das komplette Paket an Regelungen mit durchgewunken. Von wegen der Parteitag war mutlos! Völliger Unsinn! Tatsächlich hat er sich Hals über Kopf in ein Abenteuer gestürzt, das uns noch viel Spaß bereiten wird. Im Gegensatz zu den anderen Anträgen wurden offenbar die formal notwendigen Parteitags-Entscheidungen auch jetzt schon alle vom Parteitag getroffen, statt diese auf den nächsten Parteitag zu verlagern.

Für den größten Coup von allen, hat aber tatsächlich die Versammlungsleitung den Weg geebnet. Ich weiß nicht, ob ihr es bemerkt habt, aber beinahe (um ~2% verpasst, um genau zu sein) hätten wir uns in eine Lage gebracht, die so vor dem Parteitag noch quasi überhaupt niemand auf dem Radar hatte und mit der sich die Partei auf geradezu epischste Weise selbst getrollt hätte. Der Punkt ist, dass SÄA003 in Verbindung mit X011 es ermöglicht außerhalb von Parteitagen online verbindliche Beschlüsse zu fassen. Der SMV-Antrag SÄA027 hätte das (nach Annahme einer noch zu entwickelnden Geschäftsordnung) aber ebenfalls getan. Trotzdem waren die Anträge nicht als konkurrierend eingestuft. Dies hatte allerdings lediglich formale Gründe. Der SMV-Antrag definiert sich rechtlich als Teil des Bundesparteitags und ändert entsprechend §9b der Bundessatzung. Der andere Antrag versteht sich als Urabstimmung und fügt einen neuen Paragraphen in die Satzung ein. Rein formal hätten wir diese Beschlusswege beide in die Satzung schreiben können und sie hätten beide wirksam werden können. Damit hätten wir dann aber zwei Online-Beschlusswege, die nach völlig unterschiedlichen Regeln funktionieren. Im Großen und Ganzen würden sie dann beide jeweils einer Streitpartei in dieser ganzen Diskussion, bzw. einem Parteiflügel, dessen spezifische Wünsche erfüllen, anstatt dass die Partei sich insgesamt für einen der beiden Wege entscheidet. Beide Flügel würden sich wohl häuslich in ihrer präferierten Variante einrichten und in der anderen womöglich unterrepräsentiert sein. Wir hätten uns also eine Art Tooldarwinismus in die Satzung gepackt, mit zwei Gruppen, die sich in 2 Systemen gegenseitig ihre Beschlüsse verbindlich für ungültig erklären können. Das größte Problem hätte dabei wohl erstmal der Bundesvorstand gehabt, denn beide Varianten sind auf die Umsetzung und das Engagement des Bundesvorstands angewiesen. Und was das bedeutet, wissen die Älteren unter uns vielleicht noch von der Einführung von Liquid Feedback auf Bundesebene. Na das wäre vielleicht ein Spaß geworden…

Soweit ist es ja nun aber nicht gekommen, nur einer von beiden wurde angenommen. Die Presse verkündet es nun überall: Die SMV wurde nicht eingeführt, die Alternative, die einfach nur den wie-Punkt „ständig“ und den wie-Punkt „Mitgliederversammlung“ anders beantwortet, passt nicht unter die Bezeichnung „SMV“, setzt sehr wohl aber auch Online-Beschlüsse zwischen Parteitagen um.

Wie konnte das nun also passieren? Online-Beschlüsse ja, aber nicht als SMV? Obwohl doch die SMV-Anträge diejenigen waren, die in aller Munde waren und ohne die wir angeblich als Partei überflüssig werden und untergehen (jaja…)? Nach Lektüre der Beschlüsse SÄA003 und X011 hätte ich da vielleicht einen Erklärungsansatz. Während die gesamte SMV-Debatte sich darum drehte welche Entscheidungen man auf später verschieben muss, um den Widerstand gegen die verbleibenden Festlegungen auf unter 33% zu bekommen, und ob das so eine gute Vorgehensweise ist, hat der Author der Alternative etwas völlig ungewöhnliches getan. Statt sich in Gesprächen mit der Presse immer und immer wieder zu wiederholen, dass wir doch aus irgendwelchen kaum greifbaren Gründen unbedingt irgendeinen SMV-Beschluss annehmen müssen, ist er anscheinend die Argumente der Debatte aus den letzten 3 Jahren durchgegangen und hat für so ziemlich jeden einzelnen Punkt einen Lösungsvorschlag entwickelt und aufgeschrieben. Am Ende bekam er dafür als einziger die 2/3-Mehrheit. Wow, was für eine Nummer! Da wurde jemand derbe unterschätzt, denke ich. Politik der sachlichen Lösungsvorschläge schlägt Internetpathos, Medienpräsenz und systematisches Kleinreden von validen Kritikpunkten. Fast schon Filmreif!

Der Parteibasis wurde so lange eingeredet, dass sie jetzt sofort etwas beschließen müsse, dass Bedenken ganz pfui und CDUig seien und man doch mutig und progressiv sein soll, einfach mal machen, für Fortschritt und Internet, dass sie sich wohl gedacht hat: Alles klar, wir probieren mal den mit den Lösungsvorschlägen! Hehe. Jetzt haben wir Online-Beschlüsse und können im Prinzip sofort loslegen, sobald die Technik steht. Und die halbe Partei will es partout nicht wahrhaben. diskutiert haben wir die Vorschläge fast gar nicht, wahrscheinlich sind sie bisher kaum bekannt. Was für eine abgefahrene Situation! Aber News-Flash: Das steht nun in der Satzung. Die Basis wollte es. Es ist der Job des Bundesvorstands, das jetzt zu tun. „Da hab ich keinen Bock drauf, ich will’s lieber anders“ is nich. Wenn einem das jetzt nicht gefällt, hätte man vielleicht mal etwas mehr zu den konkreten Sachfragen debattieren sollen, anstatt Detaildiskussionen generell abzulehnen und auf Internetpathos zu setzen. All die Entscheidungen, die aus den „Konsensanträgen“ ausgeklammert wurden, um niemanden zu vergraulen, hat der Bundesparteitag jetzt einfach getroffen. Es geht also los. Die Politik 2.0 ist da. Ich schätze mal ihr packt jetzt mit an, damit es dann bald losgehen kann, oder?

Ich bin ja mal sehr gespannt, ob da was draus wird, oder ob nun das passiert, was ich von Anfang an befürchtet habe: Dass wir uns den ganzen Wahlkampf lang über diese Sache zoffen. Ich hoffe mal das wird jetzt nicht ganz so schlimm, wie befürchtet, da ja auch einiges schon beschlossen ist. Aber das liegt nun auch ein wenig an euch allen.

Den genauen Wortlaut der Beschlüsse, ziehe ich mir wohl besser nochmal rein, wenn ich mal ein wenig geschlafen habe…

Kommentare
  1. „Politik der sachlichen Lösungsvorschläge schlägt Internetpathos, Medienpräsenz und systematisches Kleinreden von validen Kritikpunkten. Fast schon Filmreif!“ – Herrlich! Danke!

  2. Hallo Meister,
    nur wenige arbeiten konzeptionell mit.
    Und das ist immer dynamisch bis dialektisch – der Weg der Erkenntnis weder gerade noch eindimensional.
    Vollen Dank & HochAchtung dafür!
    Ne Partei ist Plattform für Politische Meinungs- und EntscheidungsBildung – und das muß in nem GrundGesetz-Staat also wissenschaftlich-rechtsStaatlich sein.
    Hier wird wissenschaftlich gedacht – echt gut.
    Mit RechtsStaat würden Wissenschaftler nicht plattgemacht – noch schöner!
    Meine LebensErfahrungen: wehret den Anfängen des MordMobbing.

  3. Oliver sagt:

    Es gibt da so eine total lustige Sache. Da keine Verantwortlichen gewählt wurden ist der Vorstand verantwortlich. Unter anderem auch dafür, die Stichtage zu bestimmen, zu denen abgestimmt wird. Diese Abstimmungen dürfen laut GO einen Mindestabstand haben, nicht aber einen Maximalabstand. Selbst wenn ich ignoriere, dass quasi kein Startpunkt für den Basisentscheid definiert wurde braucht der Vorstand einfach keinen Stichtag bestimmen. Oder einen für 01.04.2050. Das ist laut GO vollkommen legitim. Der Vorstand kann das also blockieren, indem er einfach nichts tut. Und das kann nur durch einen Basisentscheid geändert werden, den der Vorstand blockiert. Oder beim nächsten BPT, durch die Wahl von Verantwortlichen. Selbst wenn also irgendwelche Piraten die Software programmieren, sich um die Akkreditierung kümmern und um die Offline-Abstimmungsmöglichkeiten, der Vorstand ist momentan das Nadelöhr, durch den alles durch muss. Und die GO gibt keine maximalen Zeitvorgaben vor, in denen er handeln muss. Ich gehe also davon aus, dass bis zum nächsten BPT hier nichts geschehen wird und wir dann die GO in diesen und anderen Punkten korrigieren müssen, sofern das System dort nicht bereits wieder abgesägt wird.

  4. agent sagt:

    man müsste dann nur noch der presse verklickern, dass wir eine smv haben… die haben sich aber schon vor verkündung des ergebnisses vom acker gemacht.

  5. SÄA003 ist ja ok, aber in X011 steht wirklich manches drin, was mir Kopfschmerzen macht. Z.B. Ist mir völlig unklar, wie das Erreichen des Quorums ermittelt werden soll. Da steckt noch Arbeit drin, aber ja mit SÄA003 haben wir die Möglichkeit von Beschlussfassungen durch alle Mitglieder außerhalb von Parteitagen. Sollte sich auch mal bei der Presse rumsprechen ;-)

  6. Oliver sagt:

    Die Unklarheit von X11 wird noch für lustige Situationen sorgen. Das System funktioniert primär online, definiert aber die Prozesse ungenau. Diese Prozesse müssen aber entwickelt werden. Das heißt, dass die Entwickler – und nicht der BPT – diese Lücken stopfen werden (müssen), um überhaupt eine Software dafür bauen zu können. Wie lange darf z.B. gewartet werden, bis das Quorum erreicht wurde? Das ist nicht definiert. Wann fallen Anträge aus dem System, die das Quorum in den letzten zwölf Wochen nicht erreicht haben? Bislang fallen Anträge niemals aus dem System heraus. Wann werden Anträge vom Vorstand in das System eingebracht? Sofort? Wöchentlich? Monatlich? Das ist nicht definiert?

    Und damit kann man dann folgendes machen:

    Der Vorstand nimmt die Anträge entgegen und prüft sie, z.B. auf die Anzahl der Einreicher, ob der Antrag mit einem bestehenden konkurriert oder schon einmal eingereicht wurde. Das darf beliebig lange dauern. Dann wirft der Vorstand die gesammelten Anträge in das System und versendet zeitgleich die Einladung zur Abstimmung. Da alle Anträge wegen der Kürze der Zeit das Quorum nicht erfüllen können gibt es auch keine Anträge, für die eingeladen werden kann. Also verbleiben die Anträge im System. Der Vorstand muss dann mit seiner nächsten Einladung nur so lange warten, bis die Anträge immer noch oder wieder das Quorum nicht erfüllen.

    Das sind jetzt natürlich alles bösartige Konstruktionen, aber sie sind möglich und vollkommen im Rahmen dieser GO, weil sie keine genauen Zeiträume bestimmt. Das müssen wir korrigieren.

  7. lamablogt sagt:

    Die Schuld sollte hier nicht auf „die Presse“ geschoben werden. Die haben einfach nur übernommen was ihnen von Piraten so gesagt wurde. Wenn jetzt also der Antragsteller von einem SMV-Antrag bei der Ablehnung gesagt hat „da fehlt der Mut für Onlineabstimmungen“ dann schreiben die das. Aber den Unfug hat ihnen halt ein „Pirat“ eingetrichtert.

    Ansonsten: Großartig, wie immer :D

  8. StreetDogg sagt:

    Da sagst du was… Ich denke das ist ein schönes Beispiel dafür, wie sehr „verbindliche“ Beschlüsse überschätzt werden. Die Presse, und damit der wesentliche Teil der Öffentlichkeit, interessiert kaum was wir beschließen. Die wollen wissen, was wir kommunizieren, was wir leben. Was irgendwo mit nem Stempel „verbindlich“ im Wiki steht, aber niemand beachtet, ist völlig wertlos. Das Problem ist, dass diese Außenkommunikation, das Verkünden des Willens der Partei, stark von relativ wenigen Personen in der Partei abhängig ist. Denjenigen, von denen sich die Journalisten die Piratenpartei erklären lassen. Wenn die ignorieren, was die Partei beschließt, und einfach eine andere Geschichte erzählen, dann wird die Erzählung zur gefühlten Wahrheit.

    Das hat hier im Grunde nach der Berlin-Wahl schon angefangen, als der Öffentlichkeit suggeriert wurde, wir würden längst alles online machen. Das hatte ich hier damals bereits verbloggt: https://streetdogg.wordpress.com/2011/10/09/von-kernen-feen-und-einhornern/

    Diese „Falschkommunikation“ wirkt sich am Ende über Rückkopplungseffekte wieder auf die Partei aus, z.B. indem Leute eintreten, die genau das gut finden und haben wollen. Dieses einer Partei immanente Problem ist ein um einiges größerer Killer für die Basisdemokratie, als der schwächelnde Bundesparteitag. Wie man sieht nützen Beschlüsse da nur relativ wenig, da können sie noch so „verbindlich“ sein. Eine basisdemokratische Deutungshoheit sollten wir mal irgendwie erfinden… ;)

  9. Michael Hartung sagt:

    Wir streiten meistens nur um Prozeße, selten über Themen. Und wenn wir streiten, streiten wir besinningslos.

  10. Schöne Zusammenfassung, Danke!

    Im Grunde kann man auch sagen, dass wir Piraten uns dan Details verfranst haben und es damit in den Abstimmungen nicht zu einem SMV kam. Wie kann ein einzelner Vorschlag eine 2/3 Mehrheit bekommen, wenn es so viele davon gibt, weil schon an den Details, dem von dir genanntem »wie« geschraubt und diese gleich mit zur Abstimmung gebracht werden sollen.

    Ich habe eine Anmerkung zu der von Dir benannten GO-Trollerei. Ich kann nachvollziehen, dass es ein Aufreger ist, und dass es schwer nerft so ein Getrolle hin zu nehmen wenn man wirklich wichtigeres vor hat auf nem BPT. Allerdings ist die Tatsache, dass so etwas Möglich ist auch ein strukturelles Problem (bitte korrigiert mich, wenn ich da falsch liege, aber so sehe ich es momentan). Jetzt im Nachhinein die Leute, wie Du sagst zu »Blocken, blacklisten, ignorieren, was auch immer« zu wollen hat für mich was von Bestrafung. Ich halte ehrlich gesagt nichts von so einer Art Bestrafung, kann natürlich jeder für sich selber wissen ob und wen er nun disst, aber vor allem halte ich nichts von einem Aufruf zu so einer Art Bestrafung. Wie gesagt, ich gebe Dir vollkommen Recht: Es nerft, es gibt besseres zu tun. Aber solange die Leute eben durch die Strukturen die Möglichkeit zum GO-Trollen haben, ist es nicht verwunderlich dass so etwas auch kommen kann und es ist eher als systematischen Fehler an zu sehen. Ich weiß nicht ob wir die Möglichkeit haben daran etwas zu ändern. Vielleicht muss man solche Sachen auch einfach hinnehmen wenn man eben demokratische Strukturen hat. Und darum geht es ja, wir wollen mehr direkte Demokratie haben, darum geht es letztendlich ja auch bei einer SMV.
    Von Bestrafung halte ich in diesem Fall nix, das steht uns nicht, ja auch bei allem Ärger den wir dadurch haben. Was solls, solange wir Strukturen haben, die es ermöglichen, sollten wir es auch erdulden können, ist für mich ein rein demokratischer Gedanke.

  11. Gernot Köpke sagt:

    Medienguerillia als Antwort auf verzerrende Berichterstattung

    Wahlprogramm ausarbeiten sollte und musste das Thema des BPT sein. Dieser Teil lief auch recht rund, wo ihm nicht die Zeit geklaut wurde von der überlagernden SMV-Debatte. Ebenso die Wahlen. Was auch unnötig lange dauerte waren die TO-Diskurse, die die SMV-Frage nach hinten schob. Ich war von Anfang an für eine Vertagung des Themas SMV. Wer soll ernsthaft in zwei Stunden 12 Anträge sehr komplexer Natur diskutieren und beschließen können? Das völlig unnötige Hochgebausche der SMV-Diskussion im Vorfeld mit diversen Andeutungen und Austrittsdrohungen hat die Sache stellenweise sehr irrational gemacht und auch ich war dann der Meinung, jetzt muss man es halt durchziehen, wenn man so ein Fass aufgemacht hat. Der einzig sinnvolle Antrag X031 von Arne Pfeilsticker über eine rein strategische Entscheidung über SMV geriet in dem ganzen leider so unter die Räder, dass er nicht mal auf die TO kam und als GO-Antrag inhaltlich fast völlig unbemerkt als „störend“ durch fiel. Dort hätte man Kriterien abgestimmt. Also über welche Inhalte man eine SMV machen solle:
    – zuerst mal SMV ja/nein, dann
    -Positionspapiere+Sonstiges, Wahlprogramm, Satzung oder/und Personenwahl;
    -ob geheim oder nicht;
    -anonym, pseudonym, pseudonym aber auflösbar oder mit bürgerlichem Namen;
    -24/7 oder regelmäßig/monatlich
    – ohne Delegation oder Delegation mit/ohne Weitergabe bzw. mit zeitlicher Begrenzung
    Mit diesen Grundentscheidungen ausgestattet hätte ein folgender BPT dann einen der daraus entwickelten SMV-Anträge ganz anders diskutieren und abstimmen können zumal ja andere nötige Elemente noch mindestens bis Anfang 2014 brauchen (Mitgliederbestandskram), wie es an anderer Stelle hieß.
    Aber seis drum. Die SMV-Debatte selbst begann unterirdisch polemisch. Lauer verwechselte das Berliner Parlament mit einem BPT und meinte Rethorik statt Sachargumenten liefern zu müssen. Immerhin wurde der Antrag trotz (nicht wegen) seiner Rede nicht abgestraft.und bekam beachtliche 50%. Über den GO-Unsinn und endlosverständnisfragen muss man sich nicht weiter auslassen. Das war episch und trotzdem irgendwo genial bei allem Frust den sie aufbaute – wir können sowas immerhin ;-)
    Dass dann alle SMV-Anträge durch fielen führte dazu, dass am Ende nur SAÄ003 blieb. Ich denke der erhielt so viele Stimmen, weil viele unbedingt irgendetwas haben wollten ohne genau zu wissen worum es in SAÄ003 ging. Erst als die GO beschlossen werden sollte mit X011 kam Fahrtwind in die Sache. Auch wenn manches unklar/offen blieb bekam der Antrag die nötigen Stimmen. Auf den letzten Drücker kam ein SMV-artiger Antrag durch mit allem Pipapo. Er mag schwächen haben die man später noch glattzubügeln hat. Aber es ist ein Anfang. Und die indirekte Delegation durch ein Infotool wie jemand empfiehlt abzustimmen ist wohl die eleganteste Lösung dabei, stellt sie doch alle Kritiker der Delegation zufrieden. Okay, das ist dann halt wie Wahlwerbung direkt vor der Urne, aber hey, jeder darf sich seine Werbung aussuchen ;)
    Ich bin mal gespannt wie die „Profis“ das Ding bewerten und wie das nun in die Gänge kommt. Das Programmieren an sich soll ja laut Antragstelelr recht fix gehen, in einer Woche. Alleine die Dinge drumherum könnten länger dauern als man ahnt, allemal wo nun der Wahlkampf ansteht. Agauga. Ich bin hochmotiviert :-)

    Was die Eingangs gewählte Überschrift betrifft. Wir müssen dieses Aufmerksamkeitsdefizit bei einem gros der Piraten und den medien grade biegen und sollten überall wo wir einen passenden Artikel finden zum Thema entsprechende Kommentare abgeben. Guerilliataktik ;) Ich fing damit gleich am nächsten Morgen an sobald ich wieder fit war nach dem dreitagemarathon. War ne geile Zeit, auch mit den ganzen emotionalen Hochs und Tiefs. Wo Piraten sind ist Leben in der Bude, nicht Schnarchpolitik 1.0!

  12. Als Nichtmitglied und derzeit „schwankende“ Sympatisantin hab ich den Parteitag interessiert online verfolgt. Für mich war und ist eigentlich klar, dass es ETWAS braucht, um die Entscheidungsdefizite auszugleichen, die „nur BPT“ mit sich bringt. Insofern konnte ich das Insistieren auf diesem Thema gut verstehen.

    ABER DIE HERANGEHENDWEISE!!!! Du lieber Himmel!!! All diese unterschiedlichen Anträge mit Details, die (absehbar!) unterschiedlich kontrovers gesehen werden – klar, dass das kein sinnvolles Ergebnis gebracht hat, sondern nur viel Frust!

    Warum macht Ihr das nicht so, wie es jedes StartUp, jede BI und jede Aktivengruppe, die über komplexe Methoden und Mittel zur Erreichung von Zielen befinden muss, tun würde??

    Man würde sinnvollerweise ein „Pflichtenheft“ erarbeiten, also sämtliche Vorschläge und Möglichkeiten EINZELN diskutieren und abstimmen – nicht schon in ausgearbeiteten Umsetzungsvarianten!

    Also etwa:

    a) Sollen Abstimmungen online, offline oder in beiden Formen nebeneinander durchgeführt werden?

    b) Regelmäßig oder „ständig“?

    c) Soll man delegieren können oder nicht?

    d) WAS soll so entschieden werden? Satzung, Programm, Personenwahl?

    e) Sollen nur OFFENE Abstimmungen oder auch „geheime“ so durchgeführt werden? (wobei letzteres wohl immer „plus Urne“ bedeuten würde)

    f) Soll ein vorhandenes Tool genutzt oder ein NEUES programmiert werden?

    Ich stecke nicht so drin, dass ich sämtliche kontroversen Details listen könnte, aber die Herangehensweise ist wohl auch so deutlich.

    Für das Thema wäre ein eigener BPT kein zu großer Aufwand! Dann entfiele die nervige Konkurrenz zu anderen hochwichtigen Themen und sicher auch eine Menge GO-Trollerei!

    Ich verstehe nicht, warum Ihr das nicht SO macht!

  13. Oliver sagt:

    Naja, diese Dinge sind zum Beispiel im Vorfeld im Liquid besprochen worden. Und es gab die SMV-Con. Nur hat das ja keine Verbindlichkeit, somit keine Relevanz. Aber du hast Recht, genau so hätte man das machen müssen. Ich würde mich aber wundern, wenn man überhaupt eine signifikante Anzahl von Piraten dazu bekommt, zu einem BPT zu fahren, der sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt. Denn dann würde man ja arbeiten und diskutieren müssen, evt. Kompromisse schließen müssen, evt. akzeptieren müssen, dass das Gegenüber valide Gründe für eine gegensätzliche Meinung hat und die mehr Leute teilen als meine Meinung. Da könnte man nicht mehr einfach Pro/Contra-Dinge in das Mikro werfen und mit geringer inhaltlicher Kenntnis irgendwelche Dinge durchwinken.

    Aber unabhängig davon haben wir ja jetzt irgendeine Lösung. Bei der müssen wir jetzt nur noch die GO so anpassen, dass dort ein realisierbares System draus wird. Mit der jetzigen GO geht das nämlich nicht. Und ein Akkreditierungssystem muss her, was nämlich nicht Bestandteil der SÄ oder GO ist. Und das gibt es noch nicht (Stichwort Bundeskiste).

  14. Julius Cäsar sagt:

    es ist relativ klar, dass die Trolleria, zum Teil mit dümmlichen Angriffen, den BPT131 nicht zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit Vor- udn Nachteilen diverser SMV-Varianten nutzen ließ. Aber: das war doch zu erwarten. Zumal die Befürworter mit ihrer Brechtsangenmethodik udn mit beleidigten oder aggressiven Reaktionen die sachliche Auseinandersetzung auch nicht gerade beförderte.
    Ein schwacher, durch innere Kämpfe kontinuierlich weiter geschwächter Bundesvorstand war eben und ist systematisch nicht in der Lage gewesen, die wesentlichen Kernpunkte im Vorfeld herauszuarbeiten und einen konsensfähigen Hauptantrag, man könnte ihn auch Leitantrag nennen, vorzuschlagen. So gab es gefühlt 20 Varianten nach dem Motto „viel hilft viel“ und „einer kommt schon durch“. Und einer kam durch, SAÄ003, mit einer knöchernen Verfahrensordnung 011 aus dem Elfenbeinturm, deren Funktionalität wohl noch nicht mal deren Autoren selbst in der Theorie vollständig durchgegangen sind.

    Eine gute SMV ist einfach zu verstehen, kennt keine verschachtelten Kettendelegationen, allenfalls einzelfallbezogene Einzeldeldelegationen, ist datenschutzrechtlich unbedenklich und Parteiengesetzkonform und schützt die persönlichen Daten der Teilnehmer, um eine innerparteiliche Gesinnungsdiktatur schon im Ansatz zu verhindern.

    Da keiner der SMV-Anträge die wenigen vorstehend genannten Kerneigenschaften klar aufweist, war es konsequent, in NM keine härtere Variante mit Superdelegationen a la LQFB zu beschließen.

    Wie geht es jetzt weiter? Der Berliner Landesverband legt los, und will nun in die Landesverbandsatzung die SMV aufnehmen, mit der Brechstange eine möglichst hardcoremäßige Variante. Mehrheiten wähnt man relativ sicher. Wenn man sich da nicht täuscht.

    Die Problematik liegt in der Verbindlichkeit dieser Beschlüsse, damit ist ein elektronischer Putsch innerhalb der Partei denkbar, und massiver Streit vorprogrammiert.

    Die nächsten Monate werden spannend.

    Eins ist allerdings sicher: den sogenannten Wähler da draußen interessiert das Hickhack um die SMV nicht die Bohne. Wahlentscheidend ist es erst recht nicht. Niemand wählt eine Partei, weil die parteiINTERN sich ihre Meinung unter anderem auf elektronischem Wege bilden. Man wählt eine Partei wegen überzeugenden Zielen, Köpfen, Handlung, Konsequenz und Glaubwürdigkeit. Und es ist unklug, denn es macht unglaubwürdig, nach aussen zu kommunizieren, wir hätten keine online-Abstimmung in der Partei. Diese haben wir. Und zwar täglich. Und durch SAÄ003 auch beschlusstechnisch. Die Umsetzung ist die hohe Kunst, da ist der BuVo und die vielen an SMV Interessierten nun am Zuge. Pfiffige, einfach händelbare und nutzbare sowie kostengünstige Tools sind jetzt zu entwickeln. Auf geht’s!

  15. Gernot Köpke sagt:

    entropy erklärt #SMV-artigen Basisentscheid SAÄ003 +X011. Ca. 80 Piraten bei PG SMV zuhörend – Thema elektrisiert: http://chirb.it/v2mBpw
    PG SMV explosionsartig mehr Aktive: https://wiki.piratenpartei.de/2013-05-13_-_Protokoll_PG_Ständige_Mitgliederversammlung

    Jens Kuhlemann erklärt Presse neuen Basisentscheid: http://politik-digital.de/interview-piraten-nach-parteitag-im-offline-modus/

Hinterlasse einen Kommentar